
Handelsblatt – Pierre Bergé – Von Shakespeare bis Casanova
Pierre Bergé lässt vom eigenen Auktionshaus seine Privatbibliothek versteigern. Kooperationspartner ist Sotheby’s. Insgesamt kommen 1.600 Bücher und Erstausgaben unter den Hammer. Die Erwartungen liegen bei 10 Millionen Euro.
Herr der Bücher
Pierre Bergé trieb ein geradezu enzyklopädischer Wissensdurst. Nun kommen die Früchte seiner persönlichen Leidenschaft im eigenen Auktionshaus unter den Hammer. Quelle: Pierre Bergé & Associés
Paris, Ich habe ihn immer mit einem Buch in der Hand gesehen,“ erzählt Blanche Buffet, die Nichte des Malers Bernard Buffet, mit dem der belesene Pierre Bergé als junger Mann zusammenlebte, bevor er sich mit Yves Saint Laurent zusammentat. „Pierre Bergé blieb sein Leben lang eng mit dem Antiquariat in Verbindung, da Claude Buffet, der Bruder des Malers, Antiquar war und Pierre selbst als Zwischenhändler mit Büchern handelte“, ergänzt Bernard Clavreuil (Librairie Thomas – Scheler). Stéphane Clavreuil, sein Sohn, ist einer der drei Experten der sensationellen Versteigerung mit 154 Losen, die das Haus Pierre Bergé & Associés am 11. Dezember 2015 im Pariser Versteigerungshaus Hôtel Drouot gemeinsam mit Sotheby’s organisiert. Die Schätzung liegt bei 10 Millionen Euro.
Sein erstes echtes Buch
Pierre Bergés Privatbibliothek ist nach Auskunft von Clavreuil der, persönlichste Teil seiner Sammlungen, den (er) nicht mit Yves Saint Laurent teilte“. Jedes Exemplar seiner insgesamt rund 1.600 Titel umfassenden Bibliothek, mit Erscheinungsdaten von 1470 bis 1979, hat eine exquisite Geschichte: was die historische, literarische, musikalische oder wissenschaftliche Bedeutung der Texte betrifft und auch von der Provenienz her. Das persönliche Exemplar von Charles Dickens, „David Copperfield“ ist „das erste echte Buch, das ich mit neun Jahren las. Sein Stil, das Abenteuer, die Leidenschaft, berührten mich außerordentlich“, erklärt der Sammler.
Die Kinder- und Haus-Märchen von Jakob und Wilhelm Grimm (1812-1822) werden zum Schätzpreis von 80.000 bis 120.000 Euro ausgeboten. Quelle: Pierre Bergé & Associés
Exklusive Widmungen
Die meisten Bücher der Sammlung Bergé sind mit exklusiven Widmungen versehen; zum Beispiel die von Gustave Flaubert an die Schriftstellerin George Sand in der Erstausgabe von Flauberts „Lehrjahre des Gefühls“ von 1870. Das Gros der Exemplare liegt in besonderen Einbänden aus der Zeit des Erscheinungsdatums vor, denn Bergé betont, dass er „keine modernen Einbände“ mag.
Der (von Format, Gewicht und Preis, 80 Euro, her) gewaltige Katalog mit genauesten Beschreibungen und Abbildungen ist in chronologischer Folge angeordnet. Ihn stellten Bergés Bibliothekar Michel Scognamillo und die Antiquare Benoît Forgeot und Stéphane Clavreuil zusammen. Seit Juli reist eine signifikante Auswahl der Bücher um die Welt: Monte Carlo, New York, Hongkong, London, zuletzt Paris.
Die Kinder- und Haus-Märchen von Jakob und Wilhelm Grimm (1812-1822) werden zum Schätzpreis von 80.000 bis 120.000 Euro ausgeboten. Quelle: Pierre Bergé & Associés
Source : Handelsblatt | Olga Grimm-Weissert | 03/12/2015